Max Reimann

 
 

„Botschaft von „Martha“

 

Vor (über) 100 Jahren, am 31. Oktober 1898 wurde Max Reimann geboren


Sein Name ist unauslöschlich mit der deutschen Nachkriegsgeschichte verbunden: Max Reimann. Er schrieb sich in die Annalen der Bundesrepublik ein, auch wenn einige dies  nicht wahrhaben woll(t)en – durch seinen Kampf gegen die Spaltung Deutschlands, gegen die Remilitarisierung und Westintegration, für demokratische, soziale und ökonomische Rechte.

Der am 31. Oktober vor 100 Jahren in Elbing geborene Werftarbeiter und Bergmann war seit 1912 politisch und gewerkschaftlich organisiert, 1919 trat er in die KPD ein. Er wirkte im Ruhrgebiet als Betriebsfunktionär in der Zeche Westfalen Ahlen und als KPD-Bezirks-sekretär. Seit 1933 leistete er illegale antifaschistische Arbeit. Sechs Jahre später zu einer dreijährigen Zuchthausstrafe verurteilt, musste Max Reimann anschließend im KZ Sachsenhausen leiden. Im August 1945 ins Ruhrgebiet zurückgekehrt, wurde er zunächst Vorsitzender des Landesvorstands Nordrhein-Westfalen, der KPD-Leitung für die britische Zone und – nach einem Beschluss des SED-Zentralsekretariats – im April 1948 des neuge-bildeten KPD-Parteivorstandes.Als Vorsitzender der KPD in Westdeutschland nahm er häufig an Sitzungen des SED-Polibüros in Ostberlin teil. Die SED-Spitze, die sich dünkte, am besten zu wissen, wie die westdeutsche Schwesterpartei zu agieren habe, gab ihm stets entsprechende „Ratschläge“ und „Empfehlungen“. Und auch die Parteisäuberungen, die 1951 in der Absetzung vieler KPD-Spitzenfunktionäre gipfelten, waren von der SED initiiert. In der DDR verhaftet wurden auch Reimanns Stellvertreter Kurt Müller und Fritz Sperling. Hätte der KPD-Vorsitzende sie retten können? Seine Hoffnung jedenfalls, dass die Gesellschaftsordnung im Osten Deutschlands als „Magnet“ auf die westdeutsche Bevölkerung wirke, konnte sich so nicht erfüllen. Zudem trugen die von ihm mitverantwortete kritiklose Haltung der KPD zur Sowjetunion und der DDR wie auch unrealistische Einschätzungen der gesellschaftlichen Situation in der Bundesrepublik und überzogene Forderungen dazu bei, dass der Einfluss der KPD immer mehr schwand. Reimann hatte auch das „Programm der nationalen Wiedervereinigung“ von 1952 zu verantworten, in dem die KPD den „revolutionären Kampf zum Sturz des Adenauer-Regimes“ forderte. Es wurde Grundlage ihres Wahlprogramms für 1953. Von solch radikaler Phraseologie wie in diesem Dokument trennte sich die KPD zu langsam. Nach dem XX. Parteitag der KPdSU 1956 konstatierte Reimann, dass „ohne Zweifel der Personenkult auch auf unsere Partei seine schädlichen Auswirkungen gehabt“ hat. Er räumte Dogmatismus, Verletzungen des Statuts und der innerparteilichen Demokratie ein. Konse-quenzen für die KPD wurden, wie bei der SED, jedoch nur halbherzig gezogen, eine „Entstalinisierung“ blieb aus. Im August 1956 wurde die KPD verboten. In der Umstellung auf die Illegalität strukturierte sie ihre Gremien neu. Reimann war nun Erster Sekretär des Zentralkomitees, das an die Stelle des Parteivorstandes trat. Zu den Hauptwirkungsgebieten Reimanns nach 1945 gehörte auch die Mitarbeit in parlamentarischen Gremien. Er war unter anderem von 1949 bis 1953 Mitglied des ersten Bundestages und Vorsitzender der KPD-Fraktion, zuvor des Wirtschafts- bzw. des Parla-mentarischen Rats. Im Parlamentarischen Rat lehnte er im Mai 1949 zusammen mit dem zweiten KPD-Vertreter Heinz Renner das Grundgesetz ab, da sie „nicht die Spaltung Deutschlands unterschreiben“ wollten. Reimanns erste Bundestagsrede am 22. September 1949 führte, als er die Oder-Neiße-Grenze als „Grenze des Friedens“ bezeichnete, zu Tumulten. Strauß schrie ihn an: „Aufhören! Abtreten“. Knapp ein Jahr später, im Juni 1950, wurde Reimann wegen Verstoß „gegen die Disziplin des Hauses“ für 30 Tagungen von den Bundestagssitzungen ausgeschlossen; er hatte nach einer heftigen Auseinandersetzung ohne Genehmigung des Bundestagspräsidenten Köhler das Wort ergriffen. Nachdem 1953 gegen Reimann Haftbefehl erlassen war, lebte er (bis 1968) in der DDR.  Die Verbindung zu seiner Partei hielt er meist über Kuriere bzw. über die zuständige „Westabteilung“ der SED aufrecht. Die Mitteilungen und Anweisungen erfolgten unter codiertem Namen; der Codename für Reimann hieß „Martha“. Mitte der 60er Jahre bestanden im SED-Politbüro wie auch in der KPD-Führung unter-schiedliche Auffassungen, ob die Wiederzulassung der KPD oder die Konstituierung einer neuen kommunistischen Partei angestrebt werden soll. Reimann favorisierte die erste Variante. Durch die DKP-Gründung im September 1968 existierten für einige Jahre zwei kommunistische Parteien nebeneinander. Reimann wurde 1971 Mitglied und Ehrenvorsitzender der DKP. Er verstarb am 18. Januar 1977 in Düsseldorf.

Von Herbert Mayer (Quelle unbenannt)